In Deutschland ist der Markt für Startup-Finanzierungen fest in der Hand staatlicher Förderinstitute. Dort trifft man Finanzierungsentscheidungen nicht nach eingehender Analyse des eingereichten Geschäftsmodells; auch nicht nach dem gesunden Menschenverstand. Vielmehr geht es um Förderrichtlinien, die vom Antragsteller erfüllt werden müssen. Richtlinien, die politischen Zielen auf nationaler sowie auf EU - Ebene dienen.
Wer als Investor oder als Kreditgeber ein neues Geschäftsmodell gewissenhaft prüfen will, hat einige Themen zu bearbeiten: Markt und Wettbewerb, Leistungserstellung, Recht, Psychologie und Kultur sowie die Finanzen. Dafür sind erfahrungsgemäß mindestens 30 Stunden nötig, meistens mehr. Eine Bank hat für so etwas nicht die Ressourcen und nimmt dem euphorischen Gründer deshalb schnell den Wind aus den Segeln. Auf eine bloße Idee gibt jedoch selbst ein Business Angel keinen roten Heller. Das darf der Gründer nur von seiner Familie und von Freunden erwarten. Wer als Gründer wider Erwarten aus dem eigenen Umfeld kein Geld bekommt, sollte die Finger von der Sache lassen! Marktanalysen zeigen, dass von den Startups, die bei Family & Friends erfolgreich waren, die meisten beim Crowdfunding den vorgegebenen Mindestbetrag erreichen. Wer in seinem eigenen Umfeld leer ausgeht, bekommt auch von der Crowd nichts.
Worauf Mikroinvestoren achten müssen
Der Hamburger Internetunternehmer Thomas Promny schreibt in seinem Blogbeitrag "Take the money and run" unmissverständlich, welcher Art von Startups beziehungsweise Funding-Portalen man sein Geld besser nicht anvertraut:
Bei den Crowdfundern landen alle Startups, die bei VCs und Business Angels abgeblitzt sind. Das dürfte im Durchschnitt und auf lange Sicht kaum ein Indikator für überdurchschnittliche Qualität sein.
Dieser Typ von Startup hat keine externe Validierung seines Geschäftsmodells, kein marktreifes Produkt und deshalb nur Aufwendungen mit entsprechend hohem Liquiditätsverbrauch (burn rate). Für einen Investor ist das keine Geldanlage, sondern eher eine Wette. Die Funding-Plattform ist dafür verantwortlich, dass diese Risiken für einen durchschnittlichen Kleinanleger erkennbar sind. Die führenden Plattformbetreiber nehmen diese Verantwortung ernst, wie man am Beispiel von Seedmatch sieht:
Angesichts dieser Transparenz spricht nichts gegen ein Funding.
Bei Investitionen von 5 € pro Anteil (Companisto) kann ein Totalverlust verschmerzt werden. Aber gibt es diesen Typus hochriskanter Investments in der Realität? Eine Durchsicht der bei Companisto beendeten Fundings zeigt:
livekritik.de |
Better Taxi |
movinari |
Luudoo |
ePortrait |
doxter.de |
Zwischenfazit
Das von Thomas Promny gemeinte Hochrisiko-Startup gibt es auf Companisto nicht. Von sechs Startups haben drei vor dem Funding eine Erstfinanzierung erhalten und dadurch ein Proof of Concept geliefert. Alle sechs haben erste konkrete Erfolge im Markt errungen. Diese kurze Analyse zeigt außerdem, dass Thomas Promny wenigstens mit einer seiner Behauptungen falsch liegt, nämlich:
Die Crowdfunding-Anbieter treffen natürlich auch eine Auswahl und lehnen den ganz großen Unsinn ab. Aber da sie kein eigenes Geld investieren und nur eine Vermittlungsprovision erheben auf das eingeworbene Kapital bei erfolgreicher Finanzierung, haben sie natürlich ein großes Interesse, auch mittelmäßig erfolgversprechende Projekte zur Finanzierung auf ihren Marktplätzen anzubieten.
Thomas Promny empfiehlt, sich nur an Startups zu beteiligen, für die es im Falle des Unternehmensverkaufs einen Exit-Erlös gibt:
Im Erfolgsfall allerdings gibt es erhebliche Unterschiede: Klassische Investoren wie VCs oder Business Angels sichern sich mit Kapitalbeteiligung und oft auch noch Liquidationspräferenzen ab, um im Fall des mittleren bis großen Erfolgs der Beteiligung ihr eingesetztes Kapital auf jeden Fall zurück zu bekommen und idealerweise zu vervielfachen.
Companisten haben die gleichen Chancen wie die von Promny genannten klassischen Investoren, es gibt einen anteiligen Exiterlös. Seedmatch ist in dieser Hinsicht zwar geiziger als Companisto, aber Seedmatch gewährt einen "Bonuszins nach Exitereignis", immerhin.
Trotz seiner betont kritischen Haltung sieht Thomas Promny durchaus einen Vorteil. Nämlich
die Unternehmen erwarten von den Investoren keine ernsthafte Unterstützung
Für Promny ist es also positiv, wenn er vom Unternehmen in Ruhe gelassen wird. Ist es beim Crowdfunding genauso? Nein! Die Teilhabe der Mikroinvestoren am "Wohl und Wehe" des Startup ist geradezu ein Grundpfeiler des Crowdfunding, das ja exakt aus diesem Grunde unter "Social Banking" subsumiert wird, mit der Betonung auf "Social"! Diese Teilhabe ist für die Gründer von großem Nutzen. Ihre Geldgeber sind meistens auch treue Kunden und wirksame Markenbotschafter. Dieser Marketingeffekt bringt durch Umsatzerlöse Liquidität in die Kasse, bei Wiederholungskäufen nicht nur ein einziges Mal. Dies kann nützlicher sein als das durch Crowdfunding einmalig eingenommene Geld.
Fazit
Die Crowdfunding - Plattformbetreiber handeln verantwortungsbewußt. Wer sich deren Infos sorgfältig durchliest, weiß was ihn erwartet. Gründer, die keinerlei Anfangserfolge haben, gibt es dort nicht! Läuft das Startup gut, wird der Mikroinvestor angemessen beteiligt. Dabei muss man sehen, dass es denen nicht nur um den schnöden Mammon geht ...